Einleitung: Die besten Impulse zum Bloggen kommen durch das Lesen von anderen Blogs. Manchmal sind es persönliche Erlebnisse. Heute soll es mal um einen Post des wohl bekanntesten deutschen DAM-Bloggers gehen. DAM: Das bedeutet Digital Asset Management System. (Wen das Thema nicht interessiert, muss jetzt nicht weiter lesen.)
Tim Strehle sprach mir aus der Seele, als er vermutete, wie schwer die Auswahl eines DAM-Systems sein müsse. Er selbst muss ja nicht auswählen, er arbeitet für einen Hamburger Anbieter, der etwa öffentlich-rechtliche Sender mit den Systemen versorgt.
It must be terrible to shop for a Digital Asset Management system. While the Web empowers cheap smartphone, fashion or book buyers – with independent coverage from press and bloggers, and customer reviews on Amazon – it’s not very helpful when you’re planning to spend tens (or hundreds) of thousands on DAM software and need to compare products.
Warum ist das so schwer? Alle Verkäufer finden ihr Produkt am besten. Oder haben Sie schon einmal einen BMW-Verkäufer gesehen, der ernsthaft einen VW empfiehlt? Früher mag das der Fall gewesen sein, als es keine Vans von BMW gab. Aber die gibt es mittlerweile, und für einen Lastwagen gehen Sie ja auch nicht zum BMW-Händler. Und die andere Seite ist nicht besser – die Käufer können selbst keine Autos bauen und hinter die Spezifikationen, Whitepapers und Firmenvideos schauen. Vor allem nicht bei Softwareprodukten, die auf Servern auf dem Firmengelände, also on-premise, installiert werden müssen.
Die richtig guten Verkäufer/Account Manager der DAM-Anbieter kennen ihr Produkt sehr gut. Sie fragen den Interessenten erst einmal sehr viele Dinge, die der vielleicht noch gar nicht weiß. Die wenigsten DAM-Interessenten dürften an einem Produkt als Ersatz für ihr altes Produkt interessiert sein, sondern eher an einem Einstieg ins Thema der besseren Verwaltung ihrer Daten. (Bei meinem alten Arbeitgeber ProSieben war das etwas anders, aber das ist auch ein Medienunternehmen, das seit Menschengedenken mit Videodat(ei)en arbeitet.)
Marktübersicht ist ein aufwändiges, aber auch lukratives Thema
Tim Strehle zählt 148 Anbieter auf seiner Liste Planet DAM. Anbieter wie Capterra oder CMS Wire habe ich auch genutzt, um diese Liste kleiner, handhabbarer zu kriegen. An die 80 Systeme habe ich mir zumindest angesehen. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich sowas gemacht. Das dürfte den meisten so gehen, die ein DAM brauchen. Oft sind das ja Marketer.
In meinem Team haben wir zwei Evaluationsrunden gedreht. Einmal habe ich die am Anfang gemacht, als ich noch wenig wusste. Und dann habe ich das einen Mitarbeiter machen lassen, als wir die Requirements angepasst hatten, weil wir besser wussten, was wir brauchen.
An einer ungewöhnlich scharfen Kritik (von Ralph Windsor) im Bereich DAM bin ich hängen geblieben, weil hier eine Pressemitteilung zerrupft wurde. Und sie schlug eine Saite in mir an, die ich hier versuche zu beleuchten.
Es gibt Anbieter, die einem den Markt transparent machen wollen. Sie verdienen mit dem Verkauf von Reports, die den Marktüberblick herstellen wollen, Geld. So ein Bericht zu einem Marktsegment kostet eine vierstellige Summe. Wahrscheinlich ist das der auch wert, weil er viel Recherche erspart. Aber für mich ist Recherche so etwas wie die Anamnese eines Arztes. Der Mediziner traut seinen Standeskollegen auch nur bedingt, er erhebt selbst noch einmal die Symptome, auch wenn die Überweisung vom Fachkollegen kommt. Für mich als IT-Manager ist es daher wichtig, dem Anbieter zu trauen. Und manchmal stolpert man dann über Copy & Paste-Fehler auf der Website eines solchen Vergleichsbericht-Anbieters, die Zweifel säen.
„I have heard reports about other DAM system review sites where the operators (while less obviously biased) are sometimes partial to weighting the prominence afforded to certain products over and above the others.“
Wenn mein Produkt etwas ist, was den Verkauf eines anderen Produktes befördert, dann bin ich automatisch incentiviert, das margenstärkste Produkt zu empfehlen. Das ist bei Versicherungsmaklern so, die selbstverständlich Lebensversicherungen empfohlen haben, weil da die Kopfprämien so gut sind. Und das ist auch bei Google so, weil da die Meistzahler bevorzugt werden.
Wie hat es also Google geschafft, dass wir den Anzeigen vertrauen? Die Fallzahl der Klicks ist hoch zu jedem Keyword. Es herrscht ein reger Wettbewerb. Und es ist ja nur ein Klick. Was kann für den Nutzer schon schief gehen.
Bei DAMs ist das anders. Wahrscheinlich gibt es im deutschen Markt pro Jahr nur ein paar hundert, vielleicht einige tausend Interessenten. Der Markt ist klein, wenig transparent. Und die falsche Kaufentscheidung für ein nicht geeignetes Digital Asset Management System dürfte eine Karriere bei einem Unternehmen torpedieren. Fünf- bis sechsstellige Summen sind eine Leichtigkeit, große Installationen kosten auch siebenstellige Euro-Beträge. Daher habe ich das sehr ernst genommen.
Wissen, was man braucht
Bei der Evaluation hat es mir geholfen, dass ich mich mit Content Management Systemen (CMS) sehr gut auskenne. Die haben meist rudimentäre DAM-Funktionalitäten ( WordPress – ich meine deine Medienbibliothek). Außerdem bin ich ein erfahrener Product Owner. Aufschreiben, was meine Stakeholder brauchen, und mit dem Business Owner priorisieren: Check.
Und dann habe ich die 80 Systeme so gut es geht überprüft: mit Online-Demos und wo möglich, Testläufen mit einer cloudbasierten Variante des Systems. Ralph Windsor liegt mit seiner Schätzung, dass man pro System sicher einen Tag braucht, um das beurteilen zu können, gar nicht so falsch.
So kam über eine Zeit von drei Monaten ich auf eine Shortlist von vier Systemen, letztlich zwei, bei denen wir Angebote verhandelt haben. Gerade rollen wir bei Target Video Cantemo aus, ein System, für das sich im letzten Jahr auch der Guardian und AOL entschieden haben.
Zweite Meinung einholen ist schwer
Ich wollte natürlich die Kaufempfehlung absichern. So haben wir auch eine IT-Beratung ins Projekt mit einbezogen. Wir haben uns trotz einer gegenseitigen Wertschätzung dann dagegen entschieden, mit ihnen das Projekt umzusetzen. Im Wesentlichen aus zwei Gründen:
- Die Software ist teuer genug, da können wir uns nicht auch die Beratung leisten.
- Die Berater hatten eher Erfahrung mit großen Unternehmen, nicht mit kleinen Startups.
On the LinkedIn discussion “I’ve outgrown my DAM” (asking for honest feedback from DAM administrators), expert Ralph Windsor of Daydream comments:
“I know I can’t say ‚x provider is great, y are not‘ in a forum like this (even though I might think it) as that would generate all kinds of complex political problems when/if I have to deal with them elsewhere.